Die Deutschen sind (oder waren) als das Volk der Dichter und Denker bekannt.
Wer viel denkt, lässt oft Spontanität vermissen. Man überlegt hin und her,
und oft kommt einfach nichts dabei raus.
Es stellt sich für einen Analytiker die Frage, wie das Denken mit den
Handlungen zusammen hängt. Wir sehen, dass der Körper, in dem wir uns
befinden, so viele Funktionen zeigt, die gänzlich von unserem Denken
unabhängig scheinen. Gerade des Nachts, wenn wir schlafen, funtioniert ja
auch ziemlich alles. Die Lunge saugt Luft an und stößt sie wieder aus. Das
Herz schlägt in hoffentlich gutem Rhythmus.
Aber auch tagsüber blinzeln die Augenlider meist unabhängig von unserem
Denken, das Herz schlägt und die Lunge atmet. Wir müssen nicht immer jeden
Atemzug bewusst tun. Wenn ich hier am Computer schreibe, geschieht das
jedenfalls bei mir mit dem Zehnfingersystem fast wie von selbst. Ja und die
Gedanken, die ich niederschreibe, kommen irgendwo her, oder eben nicht.
Viele Bewegungen der Glieder geschehen ganz von selbst.
Auf der anderen Seite mag ich mir den Geist zermartern, ohne dass
nennenswerte Dinge geschehen. Schlussfolgernd kann man sagen, dass das
Denken nicht wirklich Resultate hervorruft, jedenfalls nicht direkt.
Vielmehr behindert viel Denken sogar den Handlungsablauf. Der Trick, ein
effektives Leben zu führen, ist es, aus dem Inneren heraus spontan zu
agieren, schneller als Denken! Wer fixiert lebt, kann den Geist überwinden
und wesentlich größere Leistungen erzielen als ein sogenannter Denker.
Nun könnte man einwenden, dass es leichtsinnig ist, zu handeln, ohne zuerst
darüber nachzudenken. Das ist grundsätzlich nicht falsch. Jedoch sollte der
Geist bei der Sache sein und nicht abschweifen.
Woher kommen denn nun eigentlich die Lebensimpulse, die wir als Handlungen
des Geistes oder Körpers sehen?
Shri Krishna spricht zu Arjuna recht ausführlich zu diesem Thema. Hier
einige faszinierende Aussagen aus der Bhagavad-gita:
"Jeder ist gezwungen, hilflos nach den Drängen zu handeln, die von den
Erscheinungsweisen der materiellen Natur hervorgerufen werden; deshalb kann
niemand auch nur für einen Augenblick aufhören, etwas zu tun". (3.5)
"Die vom Einfluss des falschen Ego verwirrte Seele hält sich selbst für den
Ausführenden von Tätigkeiten, die in Wirklichkeit von den drei
Erscheinungsweisen der materiellen Natur ausgeführt werden." (3.27)
"Selbst ein Mensch, der in Wissen gründet, handelt seiner Natur gemäß, denn
jeder folgt der Natur, die er entsprechend den drei Erscheinungsweisen
angenommen hat. Was kann Verdrängung ausrichten?" (3.33)
"Ein Mensch im göttlichen Bewusstsein weiss im Innern stets, dass er in
Wirklichkeit nicht handelt, obwohl er sieht, hört, berührt, riecht, isst,
sich bewegt, schläft und atmet. Denn während er spricht, sich entleert,
etwas annimmt, seine Augen öffnet oder schließt, weiss er immer, dass nur
die materiellen Sinne mit ihren Objekten beschäftigt sind und dass er selbst
darüber steht." (BG 5.9)
"Das verkörperte spirituelle Lebewesen, der Herr in der Stadt seines
Körpers, verursacht niemals Tätigkeiten. Weder veranlasst es andere zu
handeln, noch erzeugt es die Früchte seiner Tätigkeiten. All dies wird von
den Erscheinungsweisen der materiellen Natur bewirkt." (BG 5.14)
"O Oberhaupt der Bharater, wisse, dass alles, was du existieren siehst, ob
beweglich oder unbeweglich, nur die Verbindung des Tätigkeitsfeldes mit dem
Kenner des Feldes ist." (13.27)
"Wer sieht, dass alle Tätigkeiten vom Körper ausgeführt werden, der von der
materiellen Natur geschaffen wurde, dass er selbst nichts tut, sieht
wirklich." (13.30)
"Diejenigen mit der Sicht der Ewigkeit sehen, dass die unvergängliche Seele
transzendental und ewig ist und sich jenseits der Erscheinungsweisen der
Natur befindet. Trotz ihres Kontaktes mit dem materiellen Körper, o Arjuna,
tut die Seele nichts und ist auch nicht verstrickt." (13.32)
Das ist ja interessant. Wir tuen gar nichts, wir sind auch nicht diejenigen,
die denken, denn Denken ist auch eine Tätigkeit. Vielmehr denkt es in
unserem Kopf. Wir sind lediglich die transzendentalen Beobachter des Denkens
und Handelns, nehmen also wahr, da wir bewusste Seelen sind.
Nun stellt sich natürlich die Frage, welches Programm für wen abläuft und
warum? Die Antwort ist, dass die Überseele das Programm gestaltet. Das
Programm richtet sich nach unserer Ergebung:
"Alle belohne Ich in dem Maße, wie sie sich Mir ergeben. Jeder folgt Meinem
Pfad in jeder Hinsicht, o Sohn Prithas." (4.11)
Unser Lebensprogramm - alles Denken, Fühlen, Wollen und Handeln - hängt also von unserer Haltung in Bezug zu Gott ab. Das ist eine recht allgemeine Erkenntnis, die auf jeden Fall wahr ist. Unsere täglichen Geschicke und das ganze Leben hängen von nichts anderem ab als von unserem Grad der Ergebung. Wir haben die Freiheit, Gottes Gnade in Form gut gemeinter Ratschläge dankbar anzunehmen oder weiter abzublocken; denn: alles, was auf uns tagtäglich einströmt - Denken, Handeln, Umwelt - ist göttlicher Natur; die Gnade Gottes. Wer demütig diese Tatsache akzeptiert, gerät mehr und mehr in den Gnadenstrom der Barmherzigkeit. Daher ist Demut die wichtigste Eigenschaft für den Fortschritt im spirituellen Leben, wohingegen Stolz materielle Programmabläufe hervorruft, das Rad von Geburt und Wiedergeburt ankurbelt.
Daher sagte Jesus Christus in der Bergpredigt:
"Selig sind die armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich (Das Reich
Gottes, Anmerkung des Verfassers)."
Wer mit Gottvertrauen aus dem inneren heraus lebt, alles als die
Barmherzigkeit Gottes betrachtend, entwickelt immer feinere Antennen für die
Wegweiser, die ihn nach Hause zu Gott bringen, denen er dankbar folgt. Ein
solches Lebewesen hat einen klaren Geist, der mit den Handlungen des Körpers
im Einklang steht. Solche Lebewesen leben leicht, sind zuversichtlich und
entwickeln alle nur erdenklich guten Eigenschaften; ja es sind Heilige,
geheilt vom Unabhängigkeitsstreben nach einer materiell günstigen Position.
Shri Krishna drückt es in Seinem Gespräch mit Arjuna so aus:
"Wer in Hingabe handelt, wer eine reine Seele ist und wer Geist und Sinne
beherrscht, ist jedem lieb, und jeder ist ihm lieb. Obwohl ein solcher
Mensch stets tätig ist, wird er niemals verstrickt." (5.7)
Diese Ebene kann durch Übung in Demut erreicht werden, nicht anders!
Detailiertere Wegbeschreibungen gibt es in Hülle und Fülle. Wer Ohren hat,
der höre! Nur der sich Ergebende vermag die richtigen Signale zu bemerken
und sich ihnen aufzuschließen, Ja zu sagen zur Barmherzigkeit Gottes.
Wir wünschen allen Devotees, Freunden und Interessenten ein freudvolles Jahr
2008 in Ergebung und spiritueller Spontanität.
Ihr Diener
Parivadi dasa