Gefühle IV: Authentische Gefühle (Wahre Liebe)
Thema 12/2020
Jetzt sollten Sie etwas Geduld aufbringen: Es geht ins Finale:
Nachdem wir in den Beiträgen 8,9 und 10/2020 unser normales Gefühlsleben beleuchtet haben möchten wir jetzt aufzeigen, dass unsere Lebensgestaltung von viel wichtigeren Faktoren beeinflusst wird.
1. Die Überseele (Paramatma), unsere innere Stimme:
sarvasya caham hridi sannivisto
mattah smritir jnanam apohanam ca
vedais ca savair aham eve vedyo
vedanta-krid veda-vid eva caham
“Ich weile im Herzen eines jeden, und von Mir kommen Erinnerung, Wissen und Vergessen. Das Ziel aller Veden ist es, Mich zu erkennen. Wahrlich, Ich bin der Verfasser des Vedanta, und Ich bin der Kenner der Veden.“ (Bhagavad-gita 15.15)
Ja, wir beginnen gleich mal mit dem wichtigsten Faktor unseres Lebens, der Überseele. Der höchste Kontrollierende begleitet jedes Lebewesen auf der Irrfahrt durchs Universum meist unzählige Leben lang. Gott lässt niemanden jemals alleine und befindet Sich in unseren Herzen, um uns bei unserer Lebensgestaltung zu helfen, obwohl wir Ihn meist gar nicht sehen bzw. anerkennen. Ja, die meisten Menschen können oder wollen nichts mit ihrem besten Freund zu tun haben, eine groteske Situation. Dabei mischt sich die Überseele nicht einmal in unser Gefühlsleben ein noch möchte sie uns von unseren Zielen abbringen. Sie verhält sich nämlich neutral und beobachtet als höchster Zeuge unser Denken, Tun und unsere Wünsche, ist Sich also über uns besser bewusst als wir selbst. Die Überseele erinnert uns zu gegebener Zeit an Dinge, die unser Handeln triggern. Beispielsweise fällt uns plötzlich - wie aus dem Nichts kommend - ein, dass wir doch eine Weltreise nach Ägypten machen wollten, so dass der latent vorhandene Wunsch extrem verstärkt wird und wir nun zu diesem Schritt alles in Bewegung setzen. Ob uns die Reise etwas nützen wird ist dabei nicht von Belang. Die Überseele erinnert uns an verschiedenste Aspekte unserer Existenz, um unsere Bestimmung in Einklang mit unseren Wünschen zu bringen. Die Überseele hilft uns so. Noch ein Beispiel:
Jemand trifft auf eine Person, die ihm (ihr) in der Vergangenheit - z. B. im vorangegangenen Leben - sehr viel Unheil gebracht hat. Plötzlich fühlen wir eine starke Abneigung gegen jemanden, den wir gar nicht kennen; Wir mögen ein Messer dabei haben und kommen auf die Idee, die uns missliebige Person, an der uns vielleicht nur die Nase oder ähnliches stört, auszurauben und dabei schwer zu verletzen. Nun hat sich der in unserem letzten Leben gezeugte Rachewunsch erfüllt. Wir wollten diese Person bestrafen, und die Überseele hat die Begegnung im nächsten Leben arrangiert und unsere Rache getriggert, indem sie uns im Herzen entsprechend beeinflusst hat. Allgemein kann man (sie) an sich selbst - jeder für sich - beobachten, dass wir Dinge vergessen und uns nicht mehr erinnern können, selbst wenn wir uns auch noch so anstrengen, um uns zu erinnern. Dann wieder fällt uns die „auf der Zunge liegende“ Antwort auf etwas - wie aus dem Nichts kommend - zu. Erinnern und Vergessen stehen nicht unter unserer Kontrolle. Denken wir nur mal an virtuose Musiker, die wie durch Zauberhand durch die kompliziertesten Noten reisen, ohne einen Fehler zu machen, wohingegen es Menschen gibt, die nach zehn Jahren noch immer nicht „Hänschen klein“ auf dem Klavier spielen können. Ja, es gibt auch Wunderkinder, die bereits mit fünf Jahren die schwierigsten Stücke fehlerfrei vorführen. Diese Unterschiede lassen sich naturwissenschaftlich nicht erklären. Vielmehr ist es so, dass es Menschen gibt, deren Bestimmung es ist, begnadete Künstler zu werden. Der Begriff „begnadet“ ist in diesem Zusammenhang ein Volltreffer, weil unsere Fähigkeiten und Anlagen aufgrund der Gnade Gottes vorhanden sind. Die Überseele leitet die begnadeten Seelen entsprechend ihren Wünschen und ihrem Tun in der Vergangenheit zum verdienten Resultat. Andere beißen auf Granit, weil einfach das erstrebte Ziel nicht erreichbar erscheint. Das hängt mit mangelndem Benehmen in der Vergangenheit zusammen. Es soll nicht sein. Die Überseele übt dabei keinerlei Willkürregiment über unser Leben, sondern lässt uns einfach nur zukommen, was wir aufgrund guter oder schlechter Taten, Fleiß, mangelndem Fleiß und unzähliger anderer Unterfaktoren zusteht. Die Überseele ist absolut gerecht mit uns. Das ist also das Wirken des gerechten Gottes, einer der wichtigsten Aspekte der Höchsten Person! Die Überseele moderiert also unser aller Leben, ohne sich in unsere Wunsch- und Gefühlswelt einzumischen, jedoch auch ohne Garantierung des Heils auf unseren Irrfahrten! Wenn es mit unserer Vergangenheit eher schlecht aussieht, sind auch unsere Heilserwartungen erst einmal nicht so rosig und umgekehrt. Die Überseele reguliert also unser aller Karma in höchst mystischer Art und Weise, indem Sie in der Mitte unseres Herzens Trigger aufsteigen lässt, die uns zu ganz bestimmtem Handeln anregen, zum Beispiel die verflixten Missgriffe auf dem Klavier. Der Spieler kann sich oft nicht erklären, warum er (sie) gerade heute bei dieser wichtigen Vorstellung einen Fehler macht, den er schon seit Jahren für ausgebügelt hielt. Ein Autofahrer verliert plötzlich die Übersicht und schon gibt es den Frontal-Zusammenstoß. So verläuft unser Leben, Augenblick auf Augenblick. Wir sind also 24 Stunden täglich von der Steuerung der Überseele abhängig. Und doch ist die Überseele nicht für das materielle Geschehen verantwortlich, weil die Steuerung exakt unserem Charakter entspricht.
Die vorgenannten Trigger werden im allgemeinen mit den korrekten und voll zutreffenden Begriffen „Intuitionen“ oder „Inspirationen“ bezeichnet.
Wir müssen uns darüber bewusst sein, dass wir bei unserer Irrfahrt natürlich durch das Konzert der auf uns einströmenden Sirenen aus verschiedensten Kanälen auf der feinstofflichen Ebene traktiert werden, was wir ja bereits in Beitrag 9/2020 herausgestellt haben. Auch all diese Störquellen oder auch gute Einflüsse werden von Paramatma moderiert, sind also nicht irgendwie blind zufällig. Das Gesamtgeschehen wird von der alldurchdringenden Überseele gesteuert. Wer sonst wäre dazu fähig als der allmächtige und allgerechte Gott?
2. Was führt uns eigentlich zu einem ewigen Ziel, einem wirklich stabilen Glückszustand?
Wenn wir einhalten und uns zweifelnd fragen, ob unsere Irrfahrt jemals zu anhaltender ewiger Erfüllung führen wird, dann gibt uns die Überseele auf mystische Weise Hinweise, die für eine Rückkehr in unsere ewig glückselige Heimat förderlich sind. „Wer sucht der findet“ heißt das Jesus Christus zugeschriebene richtige Zitat in diesem Zusammenhang. Ja, wenn wir innehalten, die verfahrene Situation beklagen und in empfänglicher Haltung Fragen stellen kommt es verstärkt zu Triggern hin zu einem für uns angemessenen Leben hin zum Heil. Zum Beispiel mögen wir gerade kurz darauf einem Hare-Krishna-Missionar begegnen, der uns das angemessene Buch überreicht.
Hier möchten wir ergänzen, dass die Personen, die die Wahrheit kennen, aus eigenem Antrieb sogar Menschen ansprechen, die kein Interesse zu haben scheinen. Es kommt dann trotzdem oft dazu, dass der scheinbar Uninteressierte eben doch eine Spende für ein Buch gibt und es in die Einkaufstasche steckt. Die Überseele (auch innere Stimme genannt) unterstützt solch missionarische Tätigkeiten, indem es bestimmten Kandidaten bei der Begegnung mit dem Missionar kurz einflüstert „nimms einfach mal mit“, und schon ist es passiert. Dies geschieht jedoch nur, weil der Kandidat qualifiziert ist und sei es nur aus dem Grunde heraus, dass der Kandidat freundlich zu dem Missionar war. So eine kleine Gefühlsregung kann den gesamten Lebenskurs ändern. Die Überseele registriert jede noch so kleine Gefühlsregung und bezieht sie in die Gesamtmoderation mit ein.
Es gibt auch wichtige Zwischenziele auf dem Heilsweg, die die Überseele einem Suchenden anbieten mag zum Beispiel eine neue Arbeitsstelle oder eine Entziehungskur. Der Heilsweg ist also nicht so trivial eingleisig und von den individuellen Gegebenheiten beim Suchenden abhängig.
3. Der Mensch denkt, und Gott lenkt
Ist das wirklich so? Wir hatten doch bereits in Beitrag 9/2020 herausgestellt, dass die meisten von uns fremdbestimmt in ihrem Denken sind.
Was ist bei unserer Irrfahrt eigentlich unser ureigenster Anteil? Dies ist eine entscheidende Frage, die Shri Krishna im vierten Kapitel der Bhagavad-gita beantwortet:
ye yatha mam prapadyante
tams tathaiva bhajamy aham
mama vartmanuvartante
manusyah partha sarvasah
“Alle belohne Ich in dem Maße, wie sie sich Mir ergeben. Jeder folgt Meinem Pfad in jeder Hinsicht.“ (Bhagavad-gita 4.11)
Der Faktor Ergebung steht entsprechend unseres Bewusstseinszustandes in unserem ureigenen seelischen Ermessen. Was bedeutet das?
Rund um die Uhr sind wir unserer grob- und feinstofflichen Umwelt ausgesetzt. Solange wir stolz durch diese Welt irren, ohne nach Hilfe zu rufen, zum Beispiel innerlich meditativ, werden wir keinerlei Zeichen aus unserem ursprünglichen seelischen Bereich bekommen. Als stolze Genießer unserer eingebildeten Errungenschaften sind wir von der Quelle reinen Glücks, reiner Hingabe, reiner Gefühle abgeschnitten. Wir bilden uns ein, wir seien glücklich in unserem ach so wichtigen Lebenstheater. Unsere Gefühle sind in diesem unempfänglichen Zustand notwendigerweise unrein und nicht authentisch! Endlich ist jetzt die Frage beantwortet, wann von spirituellen Gefühlen gesprochen werden kann. Solche kommen erst ins Spiel, wenn wir uns in empfänglicher Haltung dem allmächtigen Gott zuwenden, um Ihn um Hilfe zu fragen. Solche Personen bezeichnet Shri Krishna in der Bhagavad-gita als edle Seelen (s. Bhagavad-gita 7.16 bis 7.18). Ja, es gehört Größe dazu, einzusehen, dass anhaltendes Glück nicht auf uns selbst gestellt erreichbar ist. Die Ehen gehen nach kurzer Zeit in die Brüche, Liebesgeschichten sind in Wirklichkeit Egotripps, natürlich verschiedenen Grades! Es gibt auch im abgeschnittenen relativen Bereich viele verschiedene Schattierungen, von Vergewaltigungen bis hin zu blumenreichen Liebesszenen usw. Es ist nicht alles gleich schlecht, weil der allmächtige Gott selbst in der materiellen Situation Abstufungen geschaffen hat, um eine systematische oder allmähliche Erhebung möglich zu machen, von unwissenden verbrecherischen bis hin zu tugendhaften Lebensstilen, die eben angeboten werden. Die tugendhaften Lebensstile sind in ihrem Gefühlsgehalt der Transzendenz ähnlicher als beispielsweise kriminelle Gesinnungen. Dennoch kann auch der tugendhafteste Zeitgenosse erst von wahrem authentischem Leben sprechen, wenn er sich hilfesuchend an Gott wendet. Das tugendhafte Gefühlsleben wird von Gott dennoch besonders unterstützt, um den Menschen im allgemeinen eine bessere Ausgangsposition für den Absprung aus der materiellen Welt zu verschaffen. Tugendhaftes Leben gilt als besonders gute Ausgangsposition hin zu gottergebenem Leben. Ein tugendhafter Mensch weiss, dass es Gott geben muss. Ob wir uns Gott ergeben ist unsere ureigenste innere Seelenentscheidung!!! Gott zwingt uns nicht, weil niemand erzwungene Hingabe als etwas Schönes empfinden kann. Ein Vergewaltiger erfährt kein hohes Glück sondern eben nur niedere Regungen.
Ja, ergeben wir uns einfach Shri Krishna und erfahren wir uns, unsere Lieben und auch Shri Krishna in mehr und mehr tiefer authentischer (= echter) Weise. Dann erst können wir von wahrer Liebe und wahren Gefühlen sprechen und andere entsprechend unserer ureigensten Erfahrungswelt anregen und spiritualisieren, denn authentisches Gefühlsleben zeichnet sich durch höchste Intensität und Kraft aus. Menschen, die wahrhaft bewusst mit Gott in Verbindung stehen, sind außergewöhnlich einflussreich. Sie sind wie Agenten spiritueller Angelegenheiten und werden darin voll von Gott unterstützt.
Das ist jetzt endlich der Durchbruch zu wahrer Spiritualität auch hinsichtlich unserer Gefühle, und damit können wir diese Beitragsreihe schließen!
Abschließend als Sahnehäubchen noch extrem aufschlussreiche Worte unseres großen Meisters HDG AC Bhaktivedanta Swami Prabhupada, dessen wortgewaltige Kommntare zu den vedischen Schriften voller spiritueller Kraft sind und selbst fast tote Zombies erwecken können:
„Die Überseele, die Höchste Persönlichkeit Gottes, die Sich neben der individuellen Seele befindet, ist der Zeuge der Tätigkeiten der individuellen Seele und die Quelle ihrer verschiedenen Bewusstseinszustände.“(Aus dem Kommentar von HDG AC Bhaktivedanta Swami Prabhupada zu Bhagavad-gita 8.4)
Bitte meditieren Sie über diese ungewöhnlich überraschende Aussage unseres großen Meisters!
Also: Auch unsere Bewusstseinszustände (spirituelle Wahrnehmung) laufen über das durch die Überseele gesteuerte Sanktionssystem. Auch höhere Bewusstseinszustände werden nur zugelassen, wenn wir dafür qualifiziert sind. Das müssen sich die unzähligen Erfahrungsgurus hinter die Ohren schreiben:
Freude, Glück oder eine durchdringend gute Stimmung können wir uns nicht selbst zusammen basteln; Das wird uns geschenkt entsprechend unseres Charakters!
Ihr Diener
Parivadi dasa
P. S.: Weiterführende Informationen und Beschreibungen zur Erlangung eines höheren Gefühlslebens finden sich in dem fundamentalen Werk Der Nektar der Hingabe von HDG AC Bhaktivedanta Swami Prabhupada
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