Wo ist das Paradies?

Thema 17/2006

Im Mittelalter wurden die Menschen im allgemeinen auf ein Leben nach dem Tod vertrößtet, wenn es um den Begriff "Glück" ging. Das Erdenleben galt als Jammertal, jedenfalls für den gewöhnlichen Menschen. Fürsten lebten zwar zuweilen in Saus und Braus und auch Kirchenobere genossen im Gegensatz zu den Schäfchen oft sinnlich und extravagant.

Seit der Aufklärung und besonders seit dem Aufkommen moderner sozialistischer Bewegungen nun versucht man, das Paradies für alle auf Erden zu schaffen. Auch die östlichen bevölkerungsreichen Länder wie China und Indien möchten sich jetzt ihren Anteil am Luxus holen. Jeder soll sein Auto fahren, seinen Computer bedienen und auch sonst jede Menge konsumieren können, und das bei immer knapper werdenden Recourcen.

Warum nur hat der Schöpfer nicht eine bessere Versorung für die Menschen eingerichtet? Warum nur müssen wir uns so abplagen, um uns amüsieren zu können.

Shrila Prabhupada beschreibt in seinem Essay "Easy Jorney to other planets", dass der Versuch der Menschen, himmlisches Glück auf der Erde zu genießen, kindisch ist. Sie verstehen nicht, für welchen Zweck das irdische Leben geschaffen wurde. Da die Menschen die Struktur der Schöpfung nicht mehr kennen, halten sie ihr erbärmliches Dasein für das einzige und sind daher krampfhaft bemüht, es hochzutunen, entgegen den kosmischen Gesetzen. Das wiederum führt zu Reaktionen, die das kaum zu erhaschende Glück wieder zerschmettern:

Krankheiten, Naturkatastrophen, Wirtschafts- und Sozialkrisen lösen sich gegeneinander ab. Niemand fragt in diesem bedauernswerten Szenario, ob hinter all dem nicht ein höherer Sinn liegen könnte. Vielmehr geht man unausgesprochen davon aus, dass der Zufall einfach diese unangenehmen Dinge beherrsche. Die wissenschaftlichen Gehirne suchen nach Strategien, um Viren, Wetterkapriolen und anderen Störungen entgegen zu wirken; ein riesiger Markt für diese Leute, sich wichtig zu machen!

Ein Blick in die ursprünglichen Schriften auf dem Planeten Erde, die Veden, würde hier gut tun. Dort lernen wir, dass die irdische Existenz der Läuterung dient. Der Schöpfer des Universums gibt den Lebewesen durch die mittleren Planetensysteme eine Gelegenheit, sich zu besinnen, zu orientieren. Die mittlerene Systeme dienen gerade nicht schwelgendem Genießen. Dafür wurden andere Systeme plaziert, insbesondere die himmlischen Planeten der Devas (Halbgötter, Engel, suras) und die himmlischen Unterwelten der Dämonen (asuras). Wer also wirkliches materielles Glück sucht, der sollte diese Welten anpeilen, indem er die auf den oberen oder unteren Welten lebenden Wesen erfreut, um dort Aufnahme zu finden.

Nun wird mancher fragen, warum denn nicht auch die Erde in ein sinnliches Paradies umgebaut werden können sollte. Warum ist Gott so ein Spielverderber? Wir wollen keine Einschränkungen. Um das zu verstehen, muss man sich spirituelles Hintergrundwissen aneignen. Der Hauptgrund, warum es diesen Läuterungsort gibt, ist das Mitleid Gottes mit uns. Nur durch Läuterung ist uns nämlich eine Orientierung hin zurück nach Hause ins spirituelle Reich möglich. Ohne diese Maßnahme würden wir für immer in der materiellen Welt verrotten, oberflächlich sinnlich genießend vielleicht, jedoch ohne tiefe Erfüllung. Dieser Zustand wird fachtechnisch nitya-baddha genannt (ewig bedingt). Es ist ein krankhafter Zustand, der dadurch gekennzeichnet ist, dass man dazu animiert wird, einen Herrn oder eine Frau zu spielen, der bzw. die man gar nicht ist. Wir spielen Gott, wissen aber im innersten, dass wir es nicht sind. Auch vertragen wir diesen Genuss nicht, da wir weder allmächtig, allwissend, allglückselig, allanziehend, allberühmt, allumfassend usw sind. Die Lust, die in uns wütet, möchte uns dies aber weiß machen. Wenn die Lust dann unbefriedigt bleibt, kommen Zorn und Frustration über uns, oder wir werden in unserem Schwelgen hochmütig und spielen tatsächlich den Herrn, haben aber nicht die Fähigkeit, die Lebewesen allesamt systematisch zu versorgen. Die Unzufriedenheit der von uns angeleiteten führt dann wiederum zu unserem allmählichen Abgleiten. Wir werden gestürzt.

Um uns eine Chance zu geben, aus diesem geschmacklosen Spiel auszubrechen, werden wir zuweilen auf den irdischen Ebenen geboren, wo die Hitze der Leidenschaft abkühlen kann und uns Wissen zur Verfügung gestellt wird, welches die Umkehr ermöglicht. Ob wir dies dann tun, das hängt von uns ab. Viele tun es nicht, wie man täglich beobachten kann. Doch es ist unsere Pflicht, die Lebewesen auf die Perversitäten des materiellen Daseins hinzuweisen, denn der Arzt hat die Pflicht, dem Patienten wirklich die beste Medizin zu geben, die ihm zur Verfügung steht. Manchmal werden Patienten zornig, wenn man ihnen eine Diät anrät, doch der gute Arzt versucht dennoch mit allen Mitteln, die Patienten zu kurieren, obwohl er es nicht erzwingen kann. So sieht man besonders auf der Erde, wie ein Ringen zwischen verschieden qualifizierten Ärzten, falschen Ärzten, guten und schlechteren Patienten, sowie ganz Uneinsichtigen statt findet. Ganz nüchtern betrachet kann man unschwer erkennen, dass die irdische Existenzebene nicht das Paradies sein kann; ganz einfach schon aufgrund der schwach ausgeprägten körperlichen Ästhetik. Natürlich versucht man es dann mit Schönheitschirurgie, saugt den Nachwuchs aus dem Bauch, betrügt durch Kosmetik usw. Aber das sind alles völlig unzureichende Methoden. Der Schöpfer hat sich was bei seiner Arbeit gedacht, und wir sollten nicht vorgeben, klüger zu sein! Das ist eine besonders stark verbreitete Krankheit heutzutage. Die Fakten sprechen für sich. Da nützt alles nichts, diese verdrehen zu wollen.

Ihr Diener

Parivadi dasa