Im christlichen Abendland sind wir dank der Lehren Jesus Christus damit
vertraut, dass es mit dem Prinzip reiner Liebe zu Gott und zum Nächsten
nicht vereinbar ist, Rachegefühle zu hegen oder auszuleben.
Aber auch aus logischen Erwägungen heraus erscheinen Rachegefühle keinen
wirklichen Vorteil zu bringen; vielmehr bringen sie nur Nachteile! Sie
vermehren das Leid der Lebewesen anstatt sie zu reduzieren:
Wenn mir Leid zugefügt wird, dann leide ich; aber wenn ich zurück schlage
(oder jemand anders für mich zurück schlägt), dann leidet auch wieder
jemand; und so mag sich das fortsetzen.
Wenn ich hingegen das Leid toleriere, ohne zurück zu schlagen, dann mag dies
eine Reduzierung von Leid insgesamt zur Folge haben; kann sein oder auch
nicht!
Manchmal erscheint es dagegen angebracht, sich zu verteidigen, besonders
wenn man wichtige Pflichten in dieser Welt zu erledigen hat. Beispielsweise
ist es angebracht, wenn Eltern ihre Kinder vor Gefahren bewahren, dass
Angreifer abgewehrt werden usw. Die Fallgestaltungen sind denkbar komplex.
Die Verteidigung aufgrund höherer Erwägungen ist daher sinnvoll und
religiös; Rachsucht hingegen ist blind und irreligiös. Sie entspringt der
Lust, sich nicht mit dem kosmischen Plan Gottes abfinden zu wollen und ist
damit mit reiner Hingabe nicht vereinbar.
sarva-bhutesu yenaikam
bhavam avyayam iksate
avibhaktam vibhaktesu
taj jnanam viddhi sattvikam
Jenes Wissen, durch das die eine ungeteilte spirituelle Natur in allen
Lebewesen gesehen wird, obwohl sie in ungezählige Formen aufteilt sind,
solltest du als Wissen in der Erscheinungsweise der Tugend betrachten.
(Bhagavad-gita 18.20)
Ein Weiser zeigt somit Sympthome von Mitleid, wenn er das Leid anderer
sieht, die er als spirituell eins sieht; er hegt keine Rachegefühle.
Allerdings ist es sentimental, daraus die Schlussfolgerung abzuleiten,
Gewaltanwendung sei grundsätzlich irreligiös. Es gibt mannigfaltige
Situationen, in denen Gewaltanwendung geboten ist, z. B. dürfen sich
Menschen nach den vedischen Prinzipien vor Angreifern schützen, sich also
verteidigen. Wir gehen hier jetzt nicht auf die Details ein, da es in diesem
Beitrag lediglich darum ging, die Irreligiosität von Rachsucht
herauszustellen.
Ihr Diener
Parivadi dasa