Liebeserklärungen

Thema 40/2011

Liebeserklärungen werden in unserem Kulturkreis fast ausschließlich im Bereich ehelicher oder außerehelicher Beziehungen mit erotischem Charakter gemacht. Durch diese Einengung des natürlichen Beziehungsreichtums ist unsere Gesellschaft sehr verarmt. Andere Beziehungen zwischen Menschen erleiden dadurch eine Abwertung, was die Tendenz verstärkt, sich minderwertig oder benachteiligt zu fühlen, wenn man nun mal gerade keinen Partner hat, den man auf diese Weise gern hat.

Warum aber sollte man nicht zum Beispiel auch seinem Bruder oder seiner Schwester oder einem bestimmten Bekannten in geeigneter Weise seine Zuneigung offenbaren? Die moderne Propaganda stumpft das menschliche Feingefühl mehr und mehr ab. Der Mensch wird zur Ware oder einem Erbringer körperlicher Leistungen; genau so, wie wir das auch aus der modernen Arbeitswelt kennen. Es gibt natürlich auch noch Arbeits- und Dienstverhältnisse, wo die Beziehungen untereinander eine höhere Qualität haben.

Wenn wir den Nektar der Hingabe von Shrila Rupa Gosvami, dem philosophischen Vater der Hare-Krishna-Bewegung, studieren, dann können wir bei etwas Geduld unser natürliches Empfinden zurück erlangen. In diesem Yoga-Buch, welches vom Gründer der ISKCON in einer brillianten Ausgabe vorgelegt worden ist (s. Onlineshop), werden die ursprünglichen spirituellen Beziehungen zwischen Shri Krishna und Seinen Geweihten beschrieben. Diese Beziehungen sind unendlich reichhaltiger als das standardisierte oder verkommene und lieblose Spektakel, welches uns meist aus den Massenmedien entgegen schlägt. Die großen Bhakti-Yogis erklären uns weiter, dass die Beziehungen in der materiellen Welt denen der spirituellen Welt ähnlich sind, denn alles, was im Bereich der illusionierenden Energie vorzufinden ist, hat seinen reinen Ursprung in der Transzendenz. Der Grad der Verunreinigung hängt natürlich von der Reinheit der Wesen ab, die in einer bestimmten Beziehung leben.

Je reiner Beziehungen gelebt werden, desto mehr nachhaltige Freude erfahren sowohl Gott als auch die anderen Beteiligten.

Weil nun ja alle Lebewesen von Gott ausgehen, so sind sie alle Brüder und Schwestern. Jeder kann sich bemühen, die Nächsten auf diese Weise zu lieben. Das bedeutet nicht eine Art von Gießkannenprinzip nach dem Motto „Ich liebe alle“. Klar, das kosmische Einheitsgefühl hat sicher seinen Platz, aber wir dürfen uns ruhig auf ein strukturiertes Beziehungsnetz konzentrieren, weil nun mal jeder seine individuellen Vorlieben und Eigenschaften hat. Wenn wir diese Details einfach negieren, wird alles zu einem faden Einheitsbrei. Shri Krishnas Welt jedoch ist voller Vielfalt und Individualität. Aus diesem Grund bezeichnen fortgeschrittene Bhakti-Yogis den Einheitszustand, von dem heute so viel geredet wird, nicht besser als die Hölle. Bhakti-Yogis interessieren sich für die Details der Vielfalt und lernen, diese wertzuschätzen und entwickeln Vorlieben, die bei der Eingliederung in die spirituelle Vielfalt Shri Krishnas die weitere Richtung angeben. Zuletzt passt dann wieder alles zusammen, und wir sind wieder da, von wo wir ewiglich ursprünglich ausgehen, der spirituellen Welt, dem Reich Gottes!

Schon heute können wir anfangen und unsere Wertschätzung und Zuneigung anderen auf geeignete Weise zeigen. Dabei sollten wir uns nicht auf die propagierten Standards beschränken. Wenn wir nie oder fast nie unsere Zuneigung auf unsere individuelle Art zum Ausdruck bringen, so wird dieser Geiz Spuren in unseren Herzen hinterlassen und innere Armut die Folge sein. Reine Liebe kennt keine Schranken, ist von Natur aus ursprünglich ewig und und hält jeder Kritik stand.

Was Reinheit bedeutet, ist natürlich das wichtige Thema in diesem Zusammenhang. Im Vaishnavatum wird auf diese Thematik allergrößtes Gewicht gelegt. Es wäre vermessen, diese Thematik in aller Kürze hier mit einweben zu wollen.

Dennoch kann nicht oft genug betont werden: In der Reinheit liegt die Kraft!

Ihr Diener

Parivadi das