Beliebte Missverständnisse im Kontext sog. Spiritualität I

Die spirituelle Welt als transzendentale und ewig glückselige Alternative zur leidvollen materiellen Welt

Thema 41/2023

paras tasmat tu bhavo 'nyo
vyakto vyaktat sanatanah
yah sa sarvesu bhutesu
nasyatsu na vinasyati

"Jedoch gibt es noch eine andere unmanifestierte Natur, die ewig ist und zur manifestierten und unmanifestierten Materie in transzendentaler Stellung steht. Sie ist über alles erhaben und vergeht niemals. Wenn alles in der Welt vernichtet wird, bleibt dieser Teil, wie er ist." (Bhagavad-gita 8.20)

Wie es unser werter Arthur Schopenhauer als erster deutscher Philosoph richtig dargestellt hat, bedeutet das Leben in der Welt - wie er sie kannte und wie wir sie auch heute im allgemeinen empfinden - Leid. Schopenhauer fühlte sich natürlicherweise zu östlichen Weltanschauungen hingezogen. Gerade mit Schopenhauer tritt das hauptsächliche Missverständnis unserer weltlichen Situation ungewöhnlich deutlich in Erscheinung:

Die meisten Menschen haben keine Ahnung davon, dass neben der materiellen leidvollen Welt eine völlig andere transzendentale spirituelle Welt existiert, die unsere wahre Heimat ist. Sie wissen nicht, dass der gesamte Kosmos eine Art von Anstalt ist, in der die einzelnen Lebewesen eigensinnige Wege gehen dürfen. Die eigensinnige Haltung ist die Ursache dafür, dass wir unser Leben hier fristen müssen. Das bedeutet nicht, dass die Menschen nicht auch nach dem Guten streben könnten. Nein, das Streben nach einem tugendhaften Leben führt solche guten Menschen in himmlische Regionen des materiellen Universums. Um in die spirituelle Welt zu gelangen ist es letztlich jedoch notwendig, den Wunsch nach eigensinniger Entfaltung aufzugeben, um sich wieder als Diener Gottes der höheren Energie - der Antaranga-shakti - hinzugeben. Dazu gehört das Vertrauen, dass wir als Diener Gottes tatsächlich wahrhaft selbstverwirklicht sind, weil dies unsere urerste Natur ist. Mit dem Begriff Diener verbinden wir im allgemeinen die Vorstellung von Unfreiheit und Sklaverei. Wer jedoch Fortschritte im hingebungsvollen Dienen macht wird erfahren, dass nach und nach die Verknechtung durch materielle Zwänge nachlässt. Es tritt also zunehmend der Zustand unserer Befreiung in Erscheinung, die je nach unserem Grad der Hingabe erblüht. Dann erfahren wir diese völlig andere Welt, die spirituelle Welt und gelangen dann für immer an diesen absolut jenseitigen Ort, wo jeder Schritt ein Tanz und jedes Wort ein Gesang ist. Materialisten können dies alles auf den ersten Blick kaum glauben. Sie versuchen verzweifelt, die Anstalt, in der sie leben, zu vervollkommnen, um irgendwann das Paradies auf Erden zu schaffen. Diese Hoffnung ist jedoch nicht berechtigt, weil der materielle Kosmos aus der Sicht der spirituellen Welt der Korrektur abtrünniger, also gefallener Seelen, dient.

Der Schöpfer der materiellen Welt selbst, Lord Brahma, offenbart in der Brahma Samhita die Natur und Struktur der spirituellen Welt. Hier ein kleiner Auszug:

"Ich verehre Svetadvipa, jenen transzendentalen Ort, wo die Lakshmis, als liebevolle Gefährtinnen, in ihrer unverfälschten spirituellen Essenz dem Höchsten Herrn Krishna als ihrem einzigen Liebhaber in inniger Liebe dienen; wo jeder Baum ein transzendentaler Wunschbaum ist; wo der Boden aus Chintamani-Juwelen besteht; wo alles Wasser Nektar ist, jedes Wort ein Gesang, jeder Schritt ein Tanz, die Flöte die liebste Begleiterin und das Licht voller transzendentaler Glückseligkeit ist; wo die höchsten spirituellen Wesenheiten alle genussreich und köstlich sind; wo unzählige Milchkühe ständig transzendentale Milchmeere vergießen und wo die transzendentale Zeit ewig ist - nur Gegenwart, ohne Vergangenheit oder Zukunft - und deshalb nicht einmal für einen halben Augenblick dem Phänomen des Vergehens unterliegt. Dieses Reich, GOLOKA, ist nur einigen wenigen selbstverwirklichten Seelen in dieser Welt bekannt." (Brahma Samhita 5.56)

Bereits aus diesem kleinen Einblick lässt sich ableiten, dass die spirituelle Welt voller Vielfalt ist und keineswegs formlos, wie das die Monisten, Brahmavadis, Mayavadis, Apersonalisten und andere sog. Spiritualisten proklamieren. Lord Brahma beschreibt in der Brahma Samhita, dass das Brahman die Ausstrahlung der spirituellen Welt ist:

"Ich verehre Govinda, den urersten Herrn, dessen Ausstrahlung die Quelle des in den Upanishaden beschriebenen undifferenzierten Brahman ist. Weil diese Ausstrahlung von den unendlichen Reichtümern des materiellen Universums verschieden ist, wird sie als die unteilbare, unendliche, grenzenlose Wahrheit wahrgenommen." (Brahma Samhita 5.40)

In Seiner Bhagavad-gita macht Shri Krishna unmissverständlich klar, dass Er persönlich der Ursprung der spirituellen Ausstrahlung ist, nicht umgekehrt:

avyaktam vyaktim apannam
manyante mam abuddhayah
param bhavam ajananto
mamavyayam anuttamam

"Unintelligente Menschen, die Mich nicht vollkommen kennen, glauben, dass Ich, die Höchste Persönlichkeit Gottes, Krishna, zuvor unpersönlich gewesen sei und nun diese persönliche Form angenommen habe. Aufgrund ihres geringen Wissens kennen sie Meine höhere Natur nicht, die unvergänglich und absolut ist." (Bhagavad-gita 7.24)

Vaishnava-Theologen unterscheiden also klar zwischen zwei grundlegenden göttlichen Energien, nämlich

a) der höheren (spirituellen) Energie, in Sanskrit Antaranga-shakti

und

b) der niederen (materiellen) Energie, in Sanskrit Bahiranga-Shakti

Shri Krishna Selbst beschreibt Seine niedere, also die materielle Natur wie folgt:

bhumir apo 'nalo vayuh
kham mano buddhir eva cha
ahankara itiyam me
bhinna prakritir asthadha

"Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther, Geist, Intelligenz und falsches Ego (das materielle Ego also) - all diese acht Elemente bilden zusammen Meine abgesonderten , materiellen Energien." (Bhagavad-gita 8.4)

Aus diesen Elementen, die von Shri Krishna als Seine materielle Energie ausgehen, schafft der Schöpfer-Gott, Lord Brahma, das materielle Universum, also die Welt, in der wir zur Zeit leben, samt allen unzähligen Sphären, die dazu gehören, insbesondere sieben obere Lichtwelten und sieben untere Schattenwelten, sowie viele weitere Orte, die ebenfalls zur materiellen Welt gehören, z. B. die Orte, wo sehr sündhafte Menschen hingebracht werden, um ihr schlechtes Karma abzubüßen. In seinem Bestseller Unsichtbare Welten beschreibt der beliebte Veden-Experte Armin Risi die wichtigsten Bereiche der materiellen Welt in sehr spannender und ausführlicher Weise. Wir empfehlen dieses Buch unseren Lesern ausdrücklich, weil es tatsächlich als Grundlagenwerk für das nun anbrechende lichtvollere Zeitalter angesehen werden kann.

Noch einmal in Kürze die Klärung des grundlegendsten der beliebtesten Missverständnisse im Kontext sog. Spiritualität:

Es gibt neben dem Universum, welches wir zur Zeit bewohnen, die urerste spirituelle Welt, die von gänzlich transzendentaler Natur ist, die in den offenbarten Schriften detailiert beschrieben wird und die unsere ewige urerste Heimat ist und bleibt, solange wir auch in den abgesonderten materiellen Welten umherirren mögen!

Ihr Diener

Parivadi dasa