Spirituelle Physik

Die materielle Welt und die spirituellen Beobachter

Thema 46/2023

karya-karana-katritve
karanam prakritim viduh
bhoktritve sukha-dukhanam
purusham prakriteh param

"Die Ursache des materiellen Körpers und der Sinne der bedingten Seele und die Ursache der Devas, die die Sinne beherrschen, ist die materielle Natur. Dieses Verständnis haben gelehrte Menschen. Die Glücks- und Leidgefühle der Seele, die von Natur aus transzendental ist, werden von der spirituellen Seele selbst verursacht." (Shrimad Bhagavatam 3.26.8)

Auszüge aus der Erläuterung von HDG AC Bhaktivedanta Swami Prabhupada zu diesem Text:

"....; eine bedingte Seele hat keine freie Wahl; Sie muss einen bestimmten Körper je nach ihrem Karma annehmen.Doch wenn körperliche Reaktionen wie Glück und Leid empfunden werden, versteht man, dass die Ursache die spirituelle Seele selbst ist. Wenn sie es nämlich wünscht, kann die spirituelle Seele dieses bedingte Leben der Dualitäten ändern, indem sie sich entscheidet, Krishna zu dienen. Das Lebewesen ist die Ursache seines eigenen Elends, doch kann es auch die Ursache seines ewigen Glücks sein. Wenn es sich im Krishna-Bewusstsein betätigen möchte, wird ihm von der inneren Kraft, der spirituellen Energie des Herrn, ein geeigneter Körper angeboten, und wenn es seine Sinne befriedigen möchte, wird ihm ein materieller Körper angeboten. Es steht ihm daher frei, einen spirituellen Körper oder einen materiellen Körper anzunehmen; Doch wenn das Lebewesen einmal einen Körper angenommen hat, muss es die Folgen genießen oder erleiden. ..."

Damit ist erst einmal klar, wie uns das materielle Schicksal zukommt!

Nun können wir uns endlich der Gretchenfrage zuwenden, nämlich wie die spirituelle Seele mit ihrem materiellen Körper interagiert:

Darum hier die Grundtatsachen:

1. Wahrnehmung ist ein Hauptmerkmal der spirituellen Seele. Darum finden Empfindungen von Glück oder Leid etc. im spirituellen Bereich statt. Materie ist tot und damit nicht bewusst!!!

2. Wir können das materielle Geschehen mit einem Computerspiel vergleichen, in welchem wir als Teilnehmer mit einer Figur (manchmal als Avatara bezeichnet), dem materiellen Körper, mitwirken. Wir sind also auf dem Bildschirm - der ja das Spielfeld ist - mittels eines Darstellers vertreten. Genauso ist unsere derzeitige Lage! Im Spiegel sehen wir den materiellen Darsteller, nicht aber uns selbst, die spirituelle Seele. Je nachdem, wie sehr wir uns in das Computerspiel hineinsteigern, leiden und genießen wir die vom Computerprogramm simulierte Geschichte. Wir, die Betrachter, leiden oder genießen also nur, weil wir uns mit dem Geschehen identifzieren. Im klassischen yoga-System üben wir deshalb Loslösung von der materiellen Inszenierung und erkennen letztlich uns selbst als reine spirituelle Seelen und auch die Überseele, die dies alles inszeniert! Wir sind im materiellen Dasein nur Beobachter, nicht die Handelnden; eine höchst erstaunliche Tatsache! ***

3. Das materielle Geschehen ist nicht etwa nur unsere Einbildung, sondern es findet tatsächlich statt. Die materielle Welt einschließlich der materiellen Darsteller sind tatsächlich vorhandene Objekte!

4. Unser materielles Bewusstsein entspricht dem uns aufgezwungenen Seinszustand unserer Spielfigur. Die Spielfigur selbst nimmt natürlich überhaupt nichts wahr, weil Wahrnehmung immer im spirituellen Bereich stattfindet.

5. Wir können als spirituelle Seelen das materielle Geschehen nicht direkt wahrnehmen. Hierzu benötigen wir eine Schnittstelle, also einen Wandler, der die jeweilige materielle Situation in angemessener Weise auf unser Bewusstsein und damit auch auf die spirituelle Seele überträgt. Diesen Dienst verrichtet die Überseele für uns, die eben als Schöpfer der materiellen Situation diese voll kontrolliert, kennt und wahrnimmt. Dies ist alles umwerfend und dürfte beim ein oder anderen Kopfschütteln verursachen. Dennoch gibt es keine andere sinnvolle Erklärung!!!

Zusammenfassung und Ausblick

Wir nehmen als spirituelle Seelen den materiellen Kosmos einschließlich unserer materiellen Körper nicht direkt wahr, sondern erhalten vom Höchsten Herrn eine Art absolut fehlerfreie Übertragung, die spirituell wahrgenommen wird, denn Wahrnehmung ist immer und ausschließlich ein rein spirituelles Phänomen!!! Dies ist die Quintessenz der spirituellen Physik. Die Funktionsweise der materiellen Welt ist sehr komplex, und wir kamen dementsprechend an unsere Grenzen (s. Beitrag 45/2023). Shri Krishna rät uns auch davon ab, die materielle Welt genau verstehen zu wollen, weil dies vom Hundertsten zum Tausendsten führt. Die materiellen Grundprinzipien, wie sie von Shri Krishna in der Bhagavad-gita dargestellt werden, sollte man (sie) jedoch verstehen.

Während unserer Reise stellte sich folgendes Paradoxon heraus:

Obwohl das grob- und feinstoffliche Geschehen zusammen ausschließlich dem materiellen Bereich zugerechnet wird ist die Wahrnehmung sowohl aller fein- als auch grobstofflichen Phänomene immer eine rein spirituelle Funktion des spirituellen Bewusstseins und der spirituellen Seele. Man (sie) spricht landläufig und vereinfachend von materiellen Erfahrungen, sofern es um die Wahrnehmung der materiellen Welt geht, obwohl auch diese Wahrnehmungen immer die Funktion des spirituellen Bewusstseins darstellen. Also bitte verknoten Sie sich hier nicht. Es ist alles sonnenklar, wenn wir verstehen, dass unsere gesamte Erfahrung uns von der Überseele übermittelt wird. Sie ist der Lenker des Simulators und übersetzt für uns die gewünschte Situation, wie wir sie uns durch unsere Anhaftungen und Wünsche ständig schaffen. Weil die Übersetzung so perfekt ist, kommt man (sie) bei der Betrachtung der Übersetzung zu der Fehlvorstellung, man (sie) sei selbst die empfindende und handelnde Spielfigur. Die materielle Simulation ist so perfekt, dass wir nicht dahinter schauen können; ganz großes und überwältigendes Kino eben!!! Wir haben tatsächlich das Gefühl, selbst die Figur zu sein und haben dementsprechend Schwierigkeiten, wenn uns gesagt wird, wir stünden außerhalb des Geschehens und seien lediglich Beobachter.

Im praktischen Leben ist es nicht ratsam oder notwendig, sich ständig darüber bewusst zu sein, dass man (sie) nur der Betrachter (die Betrachterin) einer Simulation ist. Vielmehr ist es praktischer und vor allem sozial verträglicher, die Identifikation mit der Spielfigur zuzulassen, um mit Gemüt (Herz) und Intelligenz (Verstand) ausgewogen zu leben. Wir dürfen also gerne drin sein und das Beste daraus machen. Die Veden beinhalten sehr umfangreiche Empfehlungen, wie wir mit dieser Situation umgehen können.

Zuletzt darf noch die beruhigende Tatsache angefügt werden, dass die individuelle spirituelle Seele zusammen mit der Überseele im Herzen eines jeden Lebewesens weilt. Wir werden also auf unserer Reise durch die Materie vom Höchsten Herrn begleitet und sind in absoluter Sicherheit.

Wer die Ergebnisse diese Beitrags in einem ausführlichen wissenschaftlichen Kontext studieren möchte möge bitte das Buch Das Lebensfeld von Marcus Schmieke lesen!

Wir machen jetzt erst mal Schluss mit der spirituellen Physik

Ihr Diener

Parivadi dasa

*** Wir erinnern uns in diesem Zusammenhang an eine faszinierende Kino-Anordnung während eines Jahrmarkts in Memmingen. In einem mittelgroßen Zelt war eine sehr große Leinwand befestigt, auf der bewegungsintensive Filme abgespielt wurden, z. B. Segelflüge, Fahrten auf schwindelerregenden Looping-Karussellen u.a. Die Zuschauer standen relativ nahe vor der Leinwand und schwankten hin und her, weil sie sich voll und ganz mit der jeweiligen Filmperspektive identifizierten. Auch der Ersteller dieses Beitrags fiel fast um, weil er dachte, das Gleichgewicht verloren zu haben. Die Illusion war perfekt; Ja man (sie) ging ja deshalb da rein und war fasziniert.