An dieser Stelle, absolut?

Thema 48/2018

Schon wenn man das Treiben der Menschen von einem hohen Turm, wie z. B. dem Ulmer Münster, aus betrachtet, kann man zu ernüchternden Schlussfolgerungen kommen, z. B.:

Die Menschen sind sehr beschäftigt, so ähnlich wie Ameisen in und um einen Ameisenhaufen herum; einkaufen, verkaufen, unterhalten, suchen, trinken, essen ...

Unzählige soziologische Nachrichten und Kommentare findet man auf youtube. Jeder, der es möchte, kann nun seinen eigenen „political Channel“ eröffnen und seine Weisheiten verbreiten. Solches wird in den vedischen Schriften mit dem "Quaken der Frösche" verglichen. Obwohl wir jeden Tag dem Tod einen Schritt näher kommen, verschwenden wir unsere Zeit mit unzähligen soziologischen Betrachtungen, und jeder tut seine ach so wichtige Meinung kund in unzähligen Kommentaren, Videos etc. Auch die Politiker täuschen uns mit leeren Formeln ihre Wichtigkeit vor, z. B. mit Floskeln dieser Art:

„An dieser Stelle, und das muss an dieser Stelle auch mal gesagt werden, möchte ich darauf hinweisen, dass an dieser Stelle noch nie was anderes gestanden hat als an dieser Stelle. Absolut! So ist es. Absolut, ja absolut!“

In so einer Situation findet man praktisch keinen Frieden, um mal in Ruhe über die den Sinn des Lebens nachzudenken. Aber gerade das sollte ein besonnener Mensch tun:

Athato brahma jijnasa (Vedanta Sutra 1.1.1)

Übersetzung: "Nun also, nachdem wir als Menschen verkörpert sind, sollten wir Fragen nach der Absoluten Wahrheit stellen!"

Diese vedische Aufforderung an uns Menschen, sollten wir ernster nehmen als alles andere. Ansonsten verschwenden wir unsere Möglichkeiten, uns richtig zu orientieren, um dem Kreislauf von Geburt und Tod zu entkommen. Denn entgegen der meisten Darstellungen des Hinduismus geht es den wirklich ernsthaften Yogis nicht um eine weitere gute Geburt irgendwo im Universum sondern um die Befreiung aus diesem Gefängnis. Ja, von der höchsten Metaebene aus gesehen sind die unzähligen Universem, die von Maha-Vishnu ausgehen und erhalten werden, Gefängnisse für rebellische Seelen. Das Freiheitsstreben der Menschen entspringt unserem archetypisch angelegten Wunsch, also der Urerfahrung der Verbannung aus der spirituellen Welt der Freiheit. Wir wissen, dass es unterschiedliche Freiheitsgrade gibt, z. B. verschärfte Einzelhaft, Gruppenzellen, Entlassung mit der Auflage, einen bestimmten Bereich nicht verlassen zu dürfen usw. Aber selbst wenn wir nicht staatlich verwahrt sind fehlt uns die Freiheit, ohne weiteres jedes Land der Erde oder z.B. außerirdische Welten besuchen zu können oder dort hin auszuwandern. Auch können wir nicht fliegen wie die Vögel etc. Wir sind auch in unserer menschlichen Verkörperung faktisch nicht frei. Unsere Freiheit ist begrenzt, so oder so. Jede Seele strebt nach der Entlassung aus der universalen Begrenztheit.

Nachdem wir jetzt klar wissen, dass die universale Freiheit dem Streben der Seelen nach spiritueller Freiheit nicht entspricht, wollen wir hier noch zur Veranschaulichung der Thematik ein paar wenige relative Freiheitsebenen kurz skizzieren:

- Verschärfte Einzelhaft
- Standardhaft in einem Gefängnis
- tierische oder pflanzliche Einschränkungen
- menschliche Verkörperung
- Verkörperung als höhere Wesen, z. B. als Engel, Götter oder Dämonen

So unbedeutend uns das Treiben der Lebewesen von einer höheren Warte auch erscheinen mag, so klar ist jedoch, dass wir nun mal von einer menschlichen Hülle umgeben und begrenzt sind. Wir sollten das beste aus diesem Leben machen, und uns der ewig unbegrenzten Sphäre zuwenden, die wir insbesondere mittels des Chantens der Heiligen Namen erreichen:

Hare Krishna Hare Krishna
Krishna Krishna Hare Hare
Hare Rama Hare Rama
Rama Rama Hare Hare

Diese in den vedischen Schriften für dieses Zeitalter empfohlene Meditation bringt uns sofort mit der spirituellen Ebene in Verbindung und reinigt unser Dasein entsprechend der Intensität der Meditation. Also, packen wir die Möglichkeit am Schopf, bevor es zu spät ist. Unser Leben zerrinnt wie ein Tropfen auf einem Blatt sich in den Tiefen verliert.

Ihr Diener

Parivadi dasa