Re: sex. Missbrauch innerhalb der ISKCON

Krishna-Bewusstsein

Geschrieben von Parivadi das am 21. April 2006 23:22:49:

Als Antwort auf: Re: sex. Missbrauch innerhalb der ISKCON geschrieben von Dr. Berghof am 21. April 2006 17:22:

Lieber Dr. Berghof! Haribol!

Du schriebst:

>Ich bin -nicht- mit Parivadi einverstanden, dass die ersten Mitglieder der iskcon überwiegend unfeine, verkommene Menschen waren und die nachkommenden Generationen die besseren Menschen, wie er anzudeuten scheint.<

Wie ich weiter unten in meinem Beitrag ergänzt habe, sind die Pioniere, die durchgehalten haben, meist hoch qualifiziert. Dennoch soll sich selbst Shrila Prabhupada gewundert haben, was da für Personen sich überwiegend angezogen fühlten. Es war selbst sehr schwierig einfache Prinzipien wie "Vor dem Essen nach dem Essen Hände waschen nicht vergessen" einzuführen.

Ergänzend möchte ich noch ausführen:

Die ISKCON war gerade in den 70er und 80er Jahren keine durchkontrollierte einheitliche Organisation. Vielmehr war es kaum möglich, in der kurzen Zeit wirklich funktionstüchtige Regelstrukturen einzuführen. Man denke nur an New Vrindavana, wo Bhaktipada seinen Alleingang machte, sogar noch zu Shrila Prabhupadas Zeiten. Einige zonal Acaryas handelten immer wieder gegen Shrila Prabhupadas ausdrückliche Anweisungen. Auch Hamsadutta in Deutschland war in seinem Ehrgeiz nicht zu bändigen und handelte unverantwortlich in vieler Hinsicht. Er hörte nicht immer auf Shrila Prabhupadas ausdrückliche Anweisungen. Die Bewegung war somit gerade damals nicht einheitlich, sondern je nach Zone in der Hand von mehr oder weniger ausgereiften Führungspersönlichkeiten. Man kann daher die ernsthaften vorbildlichen Devotees nicht für Unsinn verantwortlich machen, den andere gemacht haben. Es gab einfach zuwenig effektive Instrumentarien gegenseitiger Beeinflussung. Die sowieso noch schwach strukturierte Bewegung zerfiel nach dem Verscheiden von Shrila Prabhupada im Jahr 1977 in die Zonen der jeweiligen Zonal-Acaryas, die sich oft gar nicht grün waren. Es ist also müßig, die damals nicht existente internationale ISKCON-Verwaltung anzuklagen. Das zonal-Acarya System wurde offiziell mitte der 80er Jahre zwar abgeschafft, so dass die internationale ISKCON-Verwaltung in Mayapur, die Governing Body Commission, offiziell die Oberhand bekam, jedoch war dies in großem Umfang bloße Theorie, da einige wichtige ehemalige zonal Acaryas in der Praxis nichts änderten und sich gegen die anderen abschotteten. Eine ISKCON mit einem internationalen Zusammengehörigkeits- und Verantwortungsgefühl ist schwerpunktmäßig erst seit ca. 10 Jahren in der Entwicklung. Und leider hört man oft noch Devotees sagen: "Was geht mich das alles an.?" Viele Devotees möchten nur die Kirschen ernten, nicht jedoch die Aufräumarbeiten unterstützen. Diese egozentrische Haltung kann Shrila Prabhupada sicher nicht in vollem Umfang gefallen. Gut: Wir sollen Hare Krishna chanten und glüchlich sein, aber es gehört zu unserem Paket, dass wir eben Teil einer Entwicklung sind und unseren Beitrag leisten sollten (auch alleine schon aus karmatischen und krishna-karmatischen Gründen).

Wie Dr. Berghof richtig ausführt, werden erst in der neueren Zeit wichtige Kontrollmechanismen weltweit installiert, um untragbare Zustände zu verhindern oder abzustellen. Shrila Prabhupadas ISKCON-Modell sieht vor, dass die örtlichen Zentren selbst verantwortlich Krishna-Bewusstsein kultivieren. Eingriffe in die Selbstverwaltung seitens der globalen ISKCON mittels der GBC-Vertreter sind nur zulässig, wenn Zentren von festgelegten Standards abweichen. Dadurch soll die Bürokratisierung der ISKCON verhindert werden.

Wer sich der ISKCON anschließen möchte, der muss nicht befürchten, in kleinliche Bürokratie verwickelt zu werden. Er muss auch nicht als heilig betrachten, was verabscheuenswert ist. Jeder kann weiterhin in ISKCON selbst verantwortlich Shrila Prabhupadas Werk fortsetzen und die Zukunft positiv gestalten. Die ISKCON hat auch keinen unfehlbaren Papst, sondern verlangt von jedem Anhänger, dass er "independent thoughtful" (Orginaltext von Shrila Prabhupada) spirituelles Leben praktiziert, möglichst in Harmonie mit gleich Gesinnten. Es gibt da eine große Vielfalt von Möglichkeiten der Betätigung. Die ISKCON ist also zur Unterstützung der individuellen Bemühungen im hingebungsvollen Dienst da. Die Individuen sind nicht dazu da, eine Bürokratie mit ihren Fehlern und Mängeln anzubeten nach dem Motto "Heilige katholische Kirche." Wir möchten zusammen die ISKCON-Organisation zur Freude Shrila Prabhupadas, Guru und Gourangas und der Devotees weiter führen. Im Mittelpunkt stehen Personen, nicht eine abstrakte Organisationsstruktur. Das muss bemerkt werden, denn oft wird der Eindruck erweckt, die ISKCON sei so eine Art Orwellscher Überwachungsverein, der Menschen versklavt. Nein: Die individuelle Freiheit und Hingabe der einzelnen stehen im Mittelpunkt des Interesses. Um diesen Raum zu schützen, ist es eben nun auch erforderlich, gegen Missbräuche aller Art Vorkehrungen zu treffen. Und das hat eben eine Weile gedauert.

Die Vorphasen waren uneinheitlich und teilweise chaotisch. Um es nochmal zu wiederholen: Man kann ISKCON das nicht in die Schuhe schieben, da es eine international einheitliche ISKCON gerade in den extremen 80er Jahren nicht gegeben hat. Dennoch - und das ist gut - übernimmt die nun erstarkte international wirkende ISKCON die Verantwortung und bemüht sich, denjenigen, die unters Rad gekommen sind, zu helfen. Pionierphasen verlaufen oft auf eine solche Weise. So werden die Urchristen von den Römern nicht schmeichelhaft beschrieben. Nach dem Verscheiden von Jesus gab es aufgrund dieses Verlustes ein riesen Chaos. Die Nachfolger konnten sich nicht auf gemeinsame Inhalte einigen. Bei den Nachfolgern von Shrila Prabhupada kann man ähnliche Tendenzen sehen, wobei der Großteil der hochkarätigen Nachfolger Shrila Prabhupadas dem ISKCON-Modell treu geblieben oder zurück gekehrt sind und die weltweite Predigerbewegung kraftvoll und effektiv führen. Das ist nahezu ein Wunder, wenn man die vielen Schwierigkeiten sieht, die in wenigen Jahrzehnten aufgetreten sind. Diese ersten Phasen waren ein wahrer Kampf für die meisten. Die Vielfalt und oft die Extremität vieler Charaktere machte ein Zusammenraufen oft zu einem schier unmöglichen Unterfangen. Die ISKCON-Treuen können jetzt auf diese Erfahrungen aufbauen. Sie sind äußerst selbstbewusst geworden und stellen - unterstützt durch die ISKCON-Leitung - Shrila Prabhupadas grundlegende Lehren in den Mittelpunkt ihres Wirkens. Nach dem Verscheiden von Shrila Prabhupada kam es naturgemäß zu Führungsgerangel, so dass Shrila Prabhupadas zentrale Bedeutung oft nicht stark genug betont wurde. Gerade das führte zu unangemessenen Autoritätsstrukturen. Seit Shrila Prabhupada nun unbestritten in den Mittelpunkt zurück gebracht wurde, fühlen sich die Mitglieder geborgener und gestärkt durch die einfachen aber erhabenen Lehren Shrila Prabhupadas, die eine unverrückbare Basis für spirituelles Leben darstellen. Die ISKCON wurde sichtlich durch Shrila Prabhupada selbst und die Gnade Shri Krishnas durch schwierige Zeiten geleitet. Es ist im Kali-Yuga auch immer schwer, gemeinsame Bemühungen harmonisch und allgemein sattvisch anzustrengen. Das sollte uns jedoch nicht davon abhalten, die Reinigungsarbeiten fort zu führen, denn was haben wir für eine Alternative?

Euer Diener
Parivadi das


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